Proclamations de la république à Berlin

Le 9 novembre 1918, il y eut deux proclamations concurrentes
mardi 22 août 2017
par  Julien Daget

Am 9. November 1918 glich der Reichstag schon in den Morgenstunden einem großen Heerlager. Arbeiter und Soldaten gingen ein und aus. Viele trugen Waffen. Mit Ebert und anderen Freunden saß ich hungrig im Speisesaal. Es gab wieder nur eine dünne Wassersuppe. Da stürmte ein Haufen von Arbeitern und Soldaten in den Saal. Gerade auf unseren Tisch zu. Fünfzig Menschen schrien zugleich « Scheidemann kommen Sie mit uns. Philipp Du mußt hier raus und reden. » Ich wehrte ab. Ach wieviel hatte ich schon reden müssen.
— « Du mußt, Du mußt, wenn Unheil verhütet werden soll. Draußen stehen Tausende, die verlangen daß Sie reden. Scheidemann komm schnell, vom Schloßbalkon aus redet Liebknecht. »
— « Na wenn schon. »
— « Nein, nein kommen Sie mit, Du mußt reden. »
Dutzende redeten auf mich ein, bis ich mit ihnen ging. Die große Wandelhalle zeigte ein dramatisch bewegtes Bild. Gewehre waren wie Pyramiden zusammengestellt. Vom Hofe herauf hörte man Pferdegetrappel und Gewieher. In der Halle schienen Tausend gleichzeitig zu reden und zu schreien. Wir gingen eiligen Schrittes dem Lesesaal zu. Links und rechts von mir redeten meine Begleiter auf mich ein. Zwischen dem Schloß und dem Reichstag - so wurde versichert - bewegten sich ungeheure Menschenmassen hin und her. « Liebknecht will die Sowjetrepublik ausrufen. » Was, nun sah ich die Situation klar vor Augen. Deutschland eine russische Provinz ? Eine Sowjetfiliale ? Nein ! Tausendmal nein ! Kein Zweifel, wer jetzt die Massen vom Schloß her bolschewistisch oder vom Reichstag zum Schloß hin sozialdemokratisch in Bewegung bringt, der hat gesiegt. Ich sah den russischen Wahnsinn vor mir, die Ablösung der zaristischen Schreckensherrschaft durch die bolschewistische. Nein, nein ! Nur nicht auch das noch in Deutschland nach all dem anderen Elend. Schon stand ich im Fenster. Vieltausende von Armen reckten sich um die Hüte und Mützen zu schwenken. Dann wurde es still. Ich sprach nur wenige Sätze :

« Arbeiter und Soldaten ! Furchtbar waren die vier Kriegsjahre, grauenhaft waren die Opfer, die das Volk an Gut und Blut hat bringen müssen, der unglückselige Krieg ist zu Ende. Das Morden ist vorbei. Die Folgen des Kriegs, Not und Elend, werden noch viele Jahre lang auf uns lasten. Die Niederlage, die wir unter allen Umständen verhüten wollten, ist uns nicht erspart geblieben. Unsere Verständigungsvorschläge wurden sabotiert, wir selbst wurden verhöhnt und verleugnet. Die Feinde des werktätigen Volkes, die wirklichen inneren Feinde, die Deutschlands Zusammenbruch verschuldet haben, sind still und unsichtbar geworden. Das waren die Daheimkrieger, die ihre die Eroberungsforderungen bis zum gestrigen Tage ebenso aufrechterhielten, wie sie den verbissensten Kampf gegen jede Reform der Verfassung und besonders des schändlichen preußischen Wahlsystems, geführt haben. Diese Volksfeinde sind hoffentlich für immer erledigt. Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind verschwunden, über sie alle hat das Volk auf der ganzen Linie gesiegt. Prinz Max von Baden hat sein Reichskanzleramt dem Abgeordneten Ebert übergeben. Unser Freund wird eine Arbeiterregierung bilden, der alle sozialistischen Parteien angehören werden. Die neue Regierung darf nicht gestört werden, in ihrer Arbeit für den Frieden und der Sorge um Arbeit und Brot. Arbeiter und Soldaten, seid euch der geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewußt : Unerhörtes ist geschehen. Große und unübersehbare Arbeit steht uns bevor. Alles für das Volk. Alles durch das Volk. Nichts darf geschehen, was der Arbeiterbewegung zur Unehre gereicht. Seid einig, treu und pflichtbewußt. Das alte und morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik. »

Philipp Scheidemann, « Bericht über den 9. November 1918 » [« Compte-rendu sur le 9 novembre 1918 »], message radio prononcé en 1924, incluant le discours de proclamation au balcon du parlement de Berlin, 9 novembre 1918.
http://www.collectif-smolny.org/article.php3?id_article=889


Liebknecht verkündete in einer kurzen Ansprache, daß der Arbeiter- und Soldatenrat von Berlin das Schloß in seinem Schutz genommen habe. Es sei kein beliebges Privateigentum mehr, sondern Volkseigentum. Die Wache würde durch das Telegraphenbataillon ausgeübt, sie habe striktesten Befehl, jegliche Versuche, eine Angriff auf das Gebaüde zu unternehmen, mit Waffengewalt zu vereiteln. Darauf spach ein Unteroffizier des Telegraphenbataillons...

Sodann wandte sich Liebknecht wieder an die Menge aud sagte :

« Der Tag der Revolution ist gekommen. Wir haben den Frieden erzwungen. Der Friede ist in diesem Augenblick geschlossen. Das Alte ist nicht mehr. Die Herrschaft der Hohenzollern, die in diesem Schloß jahrhundertelang gewohnt haben, ist vorüber. In dieser Stunde proklamieren wir die freie sozialistische Republik Deutschland. Wir grüßen unsere russischen Brüder, die vor vier Tagen schmählich davongejagt worden sind. »

Liebknecht wies dann auf das Hauptportal des Schlosses und rief mit erhobener Stimme :

« Durch dieses Tor wird die neue sozialistische Freiheit der Arbeiter und Soldaten einziehen. Wir wollen an der Stelle, wo die Kaiserstandarte wehte, die rote Fahne der freien Republik Deutschland hissen ! »

Kurze Seit darauf zeigte sich Liebknecht mit Gefolgschaft auf dem Balkon, von dessen Grau sich eine breite rote Decke abhob.

« Parteigenossen, begann Liebknecht, der Tag der Freiheit ist angebrochen. Nie wieder wird ein Hohenzoller diesen Platz betreten. Vor 70 Jahren stand hier am selben Ort Friedrich Wilhelm IV. und mußte vor dem Zug der auf den Barrikaden Berlins für die Sache der Freiheit Gefallenen, vor den fünfzig blutüberströmten Leichnamen seine Mütze abnehmen. Ein anderer Zug bewegt sich heute hier vorüber. Es sind die Geister der Millionen, die für die heilige Sache des Proletariats ihr Leben gelassen haben. Mit zerspaltenem Schädel, in Blut gebadet wanken diese Opfer der Gewaltherrschaft vorüber, und ihnen folgen die Geister von Millionen von Frauen und Kindern, die für die Sache des Proletariats in Kummer und Elend verkommen sind. Und Abermillionen von Blutopfern dieses Weltkrieges ziehen ihnen nach. Heute steht eine unübersehbare Menge begeisterter Proletarier an demselben Ort, um der neuen Freiheit zu huldigen. Parteigenossen, ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen. Wir rufen unsere russischen Brüder zurück. Sie haben bei ihrem Abschied zu uns gesagt : ‚Habt Ihr in einem Monat nicht das erreicht, was wir erreicht haben, so wenden wir uns von Euch ab.‘ Und nun hat es kaum vier Tage gedauert.

« Wenn auch das Alte niedergerissen ist, fuhr Liebknecht fort, dürfen wir doch nicht glauben, daß unsere Aufgabe getan sei. Wir müssen alle Kräfte anspannen, um die Regierung der Arbeiter und Soldaten aufzubauen und eine neue staatliche Ordnung des Proletariats zu schaffen, eine Ordnung des Friedens, des Glücks und der Freiheit unserer deutschen Brüder und unserer Brüder in der ganzen Welt. Wir reichen ihnen die Hände und rufen sie zur Vollendung der Weltrevolution auf.

« Wer von euch die freie sozialistische Republik Deutschland und die Weltrevolution erfüllt sehen will, erhebe seine Hand zum Schwur. »

Alle Hände erheben sich und Rufe ertönen : Hoch die Republik !

Karl Liebknecht, « Für die freie sozialistische Republik Deutschland » [« Pour la libre République Socialiste d’Allemagne »], proclamation au balcon du château de Berlin, 9 novembre 1918.